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Globale Lösungen für globale Herausforderungen

Ein Tipping Point ist ein Moment, an dem eine ursprünglich lineare und eindeutige Entwicklung abrupt abbricht, die Richtung wechselt oder sich stark beschleunigt. In jüngster Zeit häufen sich diese Phänomene. So hat die Covid-Pandemie nebst vielen Aspekten die Art, wie wir arbeiten oder kommunizieren quasi über Nacht verändert. Die langfristigen Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft sind noch kaum abschliessend erkennbar.

Der zweite gewichtige Kipppunkt in der noch jungen Dekade ist der brutale Angriffskrieg von Putins Russland auf die Ukraine. Über Nacht wurde die politische Weltordnung der letzten 30 Jahre zur Makulatur. Die Ukrainerinnen und Ukrainer zeigen uns, dass nichts selbstverständlich ist. Man muss für Freiheit, Recht und Demokratie wieder kämpfen. Unsere etwas satt wirkenden westlichen Demokratien scheinen die Herausforderung angenommen zu haben und stellen sich bis anhin entschlossen dem Aggressor. Die Frage, wie lange diese Geschlossenheit anhält, ist aber berechtigt. Putins Propagandalügen finden auch im Westen wieder stärker Beachtung. Wie und wann der Krieg zu Ende geht, weiss momentan niemand. Sicher ist, dass es auch danach für die nächsten Jahre keine verbindliche globale Weltordnung mehr geben dürfte. Ähnlich wie im Kalten Krieg dürfte es wieder Blöcke oder Einflusssphären geben. Die Welt wird also noch komplizierter und vor allem multipolarer.

Und just in dieser Phase steuert die Welt auf einen weiteren Tipping Point zu. Die einen erwarten ihn bereits für 2025, die anderen etwas später. Es ist der Punkt, wenn selbst weniger alarmistische Menschen nicht mehr vom Klimawandel, sondern von der Klimakrise sprechen. Das Tückische am Klimawandel ist bekanntlich dessen schleichender, wenn auch immer beschleunigender Verlauf. Wer es nicht glaubt, soll mal eine Wanderung zum Morteratsch-Gletscher in den Bündner Alpen machen. Dort sieht man, dass sich der Gletscher seit 1999 jährlich um etwa 40 Meter zurückgebildet hat.

Die grossen Krisen zeigen eindrücklich, dass jede Lösung global sein muss. Im Weiteren benötigt man zur Lösung extrem hohe finanzielle Mittel. Somit stehen neben dem Staat mit seinen tiefen Taschen auch die Wirtschaft – und hier vor allem die Banken – in der ersten Reihe. In der Pandemie wurde beispielsweise die Wirtschaft geräuschlos mit Liquidität in Form von Krediten versorgt. In Russlands Krieg setzen die Banken die Sanktionen entschlossen um. Und im Kampf gegen den Klimawandel geht es darum, dass es rund USD 7 Billionen jährlich braucht, um die Wirtschaft und Gesellschaft zu mehr Nachhaltigkeit zu transformieren. Davon wird derzeit nur gerade ein Siebtel von der öffentlichen Hand abgedeckt. Ein substantieller Teil muss von der Privatwirtschaft kommen. Und hier sind wiederum die Banken gefordert, die als typische Intermediäre diese Mittel mobilisieren und kanalisieren.

Die Zeitenwende und die daraus resultierende mulitpolare Welt macht ein gemeinsames Handeln der Weltgemeinschaft immer anspruchsvoller. Internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen dürften eher an Bedeutung verlieren. Gerade deshalb ist es wichtig, dass die Wirtschaft, und vor allem auch die Banken weiter global agieren können. Liechtensteins Banken sind bereit dafür. Wir fühlen uns sowohl operativ als auch strategisch gut aufgestellt. So sind die Banken dank einer Kernkapitalquote von über 20 % im internationalen Vergleich extrem gut finanziert. Dann sind sie auch strategisch auf der Höhe der Zeit. Früh wurde erkannt, dass Nachhaltigkeit umfassend gedacht werden muss. In der aktuellen Mehrjahresstrategie (Roadmap 2025) wurde dieser Fokus auf die 17 nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) der UNO ausgerichtet. Nicht zu unterschätzen ist auch die hohe Innovationskompetenz bei der Digitalisierung und der Blockchain-Technologie, die wir für unsere Nachhaltigkeitsziele optimal einsetzen können.

Dr. Hans-Werner Gassner
Präsident Liechtensteinischer Bankenverband