LGT Bank CEO Roland Matt spricht am Finance Forum Liechtenstein zu den Erfolgsfaktoren des Private Banking. Er ist überzeugt, dass die Digitalisierung ein Schlüsselthema für die Transformation der Finanzbranche ist.
Herr Matt, das diesjährige Finance Forum Liechtenstein widmet sich dem Thema «Die Finanzwelt der Zukunft». Wie sieht in Ihren Augen die Finanzwelt von morgen aus?
Roland Matt: Unsere Zukunft wird digitaler, nachhaltiger und schnelllebiger sein. Für die Transformation der Finanzbranche ist die Digitalisierung ein Schlüsselthema. Sie eröffnet Finanzdienstleistern äusserst spannende Möglichkeiten, um die Kundinnen und Kunden noch individueller zu beraten oder die eigene Effizienz zu steigern. Den richtigen Weg in diesem Bereich einzuschlagen, wird nicht einfach sein. Der Tech-Bereich entwickelt sich extrem schnell, es gibt unzählige Chancen und Möglichkeiten. Aber welche Optionen sind für das eigene Unternehmen richtig, welche für die Finanzbranche und welche für unsere Kundinnen und Kunden?
Ein zweites Thema ist natürlich die Nachhaltigkeit. Ich gehe fest davon aus, dass kein Finanzunternehmen in Zukunft bestehen kann, das nicht seinen Kundinnen und Kunden fundierte Dienstleistungen und Produkte in diesem Bereich anbietet und sie entsprechend beraten kann.
Und nicht zuletzt sind die Kunden von morgen andere als die von heute. Man hört immer wieder vom «grössten Wealth-Transfer aller Zeiten» – die Baby Boomer übergeben ihr Vermögen an die nächste Generation. Eine Generation, die anders aufgewachsen ist, die andere Ansprüche hat und die andere Vorstellungen von ihrer Geldanlage und ihrer Bank hat. Das wird für die Finanzwelt eine anspruchsvolle, aber auch sehr spannende Zeit.
Wie rüstet sich die LGT für künftige Kundenbedürfnisse?
Wer auf Bedürfnisse eingehen will, muss sie kennen und verstehen. Wir versuchen, mit unterschiedlichen Massnahmen am Puls unserer Kundschaft zu sein. Das wichtigste ist natürlich der persönliche und enge Austausch mit unseren bestehenden Kundinnen und Kunden. Im direkten Gespräch erfahren wir aus erster Hand, was gut läuft und wo Optimierungsbedarf besteht. Das ist übrigens mit ein Grund, dass wir als Privatbank – so sehr wie die Vorteile der Digitalisierung schätzen – auch künftig den persönlichen Kontakt zu unseren Kundinnen und Kunden pflegen wollen und werden. Daneben nutzen wir Befragungen und testen uns selbst mit Mystery Shoppings. Aus diesen Studien haben wir in der Vergangenheit schon sehr viel gelernt. Mit unseren Next-Generation-Programmen stehen wir im direkten Kontakt und Dialog zur jungen Kundengeneration und bieten nicht nur Weiterbildungsprogramme, sondern lernen in der regelmässigen Interaktion viel darüber, was unsere Kundinnen und Kunden von morgen bewegt.
Sie leiten das EMEA-Geschäft der LGT mit Europa, Middle East und Afrika. Wo sehen Sie am meisten Potenzial für künftiges Wachstum?
Erfreulicherweise gelingt es uns seit vielen Jahren, in allen Regionen zu wachsen und uns weiterzuentwickeln. Die Sprünge in der EMEA-Region sind vielleicht nicht ganz so gross wie in Wachstumsregionen wie Asien, aber unser nachhaltiges und stetiges Wachstum in den vergangenen Jahren zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Für uns in Liechtenstein hat Deutschland
als Markt ein grosses Wachstums-
potenzial – mit unserem neuen Standort in Hamburg und geplanten zusätzlichen Standorten in der Region Mitte und Süd.
Die LGT Bank ist vor kurzem nach Deutschland zurückgekehrt. Welche Pläne verfolgen Sie dort?
Wir haben im Oktober des vergangenen Jahres unser neues Büro in Hamburg eröffnet. Dank einem erfahrenen Team, das in der Region seit Jahren verankert und gut vernetzt ist, konnten wir vom ersten Tag an durchstarten und dürfen nun sehr zufrieden auf das erste halbe Jahr zurückblicken. Die Präsenz vor Ort ermöglicht es uns, noch näher bei unseren Kundinnen und Kunden zu sein und bietet uns als LGT zugleich die Chance, als Organisation weiter zu wachsen. In einem ersten Schritt arbeiten wir intensiv daran, die Region Nord aufzubauen. Die Eröffnung weiterer Standorte ist wie gesagt bereits geplant.
Die Finanzdienstleister stehen aktuell vor zahlreichen Herausforderungen in Bezug auf Regulierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Welche Themen beschäftigen Sie am stärksten?
Alle drei gleichermassen. Die Regulierung nimmt seit Jahren zu, sie erhöht den operativen Aufwand immens, macht viele Prozesse komplizierter und wirkt als starker Kostentreiber. Das wird sich sicher auch in Zukunft nicht ändern. Im Gegenteil. Es kommen immer neue Bereiche dazu, die reguliert werden. Und bei bestimmten Themen ist das auch eine gute Entwicklung. Nehmen wir zum Beispiel die Nachhaltigkeit. Da gibt es noch einiges, das standardisiert werden sollte – nicht zuletzt, um eine gewisse Einheitlichkeit zu schaffen und mehr Transparenz für Kundinnen und Kunden zu erreichen.
Die Nachhaltigkeit als solches beschäftigt uns schon seit mehr als einem Jahrzehnt sehr stark. Schon 2021 haben wir uns dazu verpflichtet, unsere Emissionen aus dem Betrieb und den eigenen Investments bis 2030 auf netto null zu senken. Letztes Jahr haben wir unsere Nachhaltigkeitsstrategie nochmals geschärft und überarbeitet und für 2030 weitere konkrete Massnahmen und Zielsetzungen verabschiedet. Wir wollen unseren Teil zur Lösung der globalen Herausforderungen beitragen – indem wir selbst nachhaltig wirtschaften und investieren und indem wir unsere Kundinnen und Kunden dabei unterstützen, ihre Anlagen nachhaltig auszurichten.
Und auch im Bereich Digitalisierung haben wir 2022 ein grosses gruppenweites Programm zur Entwicklung neuer digitaler Produkte und Dienstleistungen lanciert.
Ein weiteres Thema, dem wir uns permanent sehr intensiv widmen, ist die Unternehmenskultur.
Inwiefern?
Die LGT hat eine starke Unternehmenskultur, die auf Werten wie Langfristigkeit, Respekt, Innovation und Unternehmertum basiert. Aber gerade wenn man international so stark wächst wie wir, muss eine Unternehmenskultur gepflegt werden. Und – genau wie das Unternehmen selbst und seine Mitarbeitenden – muss auch sie sich weiterentwickeln und weiterentwickelt werden. Wir tun das an verschiedenen Stellen und mit diversen Massnahmen. Zum Beispiel haben wir unsere Aktivitäten im Bereich Diversität und Inklusion verstärkt – unter anderem durch Schaffung flexibler Arbeitsmodelle, internationale Programme oder gezieltes «Skill Building».
Der Finanzplatz Liechtenstein hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Wie nehmen Sie dies persönlich wahr?
Der Finanzplatz Liechtenstein geniesst heute international einen guten Ruf, auch wenn sich mancherorts noch immer Vorurteile halten. Weil wir unsere Hausaufgaben gemacht haben und in den vergangenen Jahren sehr viel unternommen haben, um uns an internationale Rechtsnormen anzugleichen, sind wir sehr gut positioniert. Liechtenstein hat diverse USPs, die uns als Finanzplatz auszeichnen: der Zugang zum EU-Binnenmarkt durch die EWR-Mitgliedschaft bei gleichzeitigem Zugang zum Schweizer Wirtschaftsraum, unsere langjährige Expertise in der Vermögensverwaltung, kurze Wege und schnelle Entscheidungsmöglichkeiten und Innovationskraft. Meines Erachtens ist der Finanzplatz aktuell stärker denn je. Aber wir dürfen uns nicht ausruhen. Wie die einzelnen Unternehmen muss sich auch der Finanzplatz als Ganzes laufend weiterentwickeln und den Mut haben, neue Wege zu gehen und seine Vorteile zu nutzen.
Was heisst dies für das künftige Wachstum der LGT am Hauptsitz in Liechtenstein?
Auch wir als LGT nutzen für unsere Kundinnen und Kunden natürlich die Vorteile, die der Finanzplatz Liechtenstein bietet. Und gerade in einem international sehr unsicheren Umfeld, schätzen wir es, dass unser Hauptsitz in einem politisch und wirtschaftlich stabilen Land ist. Unser erfreuliches internationales Wachstum wirkt sich auch auf unseren Hauptsitz in Liechtenstein aus. Hier sind zahlreiche Gruppen- und Supportfunktionen angesiedelt, die für das gesamte Unternehmen tätig sind und die lokalen Einheiten unterstützen. Mittlerweile arbeiten in Liechtenstein mehr als 1300 Mitarbeitende und wir suchen laufend neue qualifizierte Kolleginnen und Kollegen. Dafür brauchen wir auch mehr Platz. Deshalb freuen wir uns sehr, dass wir in Vaduz mit unserem Neubau beginnen können und die Erweiterung unseres Hauptsitzes langsam, aber sicher Gestalt annimmt.
Roland Matt
CEO LGT Bank