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Die neue internationale Steuerrechtsarchitektur

Die Internationale Steuerrechtsarchitektur zeichnet sich durch verschiedene internationale und europäische Steuerstandards aus, um eine Allokation des Steueraufkommens zwischen verschiedenen Staaten vorzunehmen sowie Steuertransparenz und einen fairen Steuerwettbewerb zu fördern, aber auch schädliche Steuerpraktiken sowie Steuerumgehung und Steuervermeidung zu verhindern.

Dadurch soll ein weltweit einheitliches Level Playing Field on Taxation, das sich sowohl auf Unternehmen, Vermögensstrukturen und Individuen als auch auf Staaten erstreckt, sichergestellt werden. An deren Entwicklung und Umsetzung sind die G20, die OECD und die EU sowie zunehmend auch die UN beteiligt. Die ausreichende Befolgung der Internationalen Steuerstandards wird seit langem als zentrale Voraussetzung für den gleichberechtigten Marktzutritt angesehen, während die Nichtbeachtung mit steuerlichen Diskriminierungen, Sanktionen und einem Listing als unkooperative Steuerjurisdiktion einhergeht.

Dementsprechend ist die aktuelle Fortentwicklung und grundlegende Neuausrichtung der Internationalen Steuerrechtsarchitektur als steuerregulatorischer Rahmen insbesondere auch für Liechtenstein und die Schweiz als steuerlich attraktive und wettbewerbs-, aber auch leistungsfähige Standorte mit einer liberal ausgeprägten Wirtschafts- und Steuerpolitik sowie einer sehr hohen Industrie- und Finanzdienstleistungsexportquote und darüber hinaus auch für die konkrete nationale und internationale Besteuerung von Unternehmen und Vermögensstrukturen sowie die langfristige Allokation und Generierung von Steuereinnahmen von zentraler Bedeutung.

Legitimiert und beauftragt wird die Entwicklung der Internationalen Steuerstandards gegenwärtig durch die G7 und die G20, aber auch durch das Inclusive Framework und das Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes, denen weltweit nahezu alle Staaten angehören. Diese Foren koordinieren und überwachen zudem die rechtliche Implementierung und die standardkonforme Anwendung der Internationalen Steuerstandards durch Peer Reviews derjenigen Staaten, die sich zur Befolgung dieser Standards verpflichtet haben. Liechtenstein und die Schweiz sind Mitglied in allen diesen Foren und erfüllen die verschiedenen Internationalen Steuerstandards nachhaltig mit sehr guten Beurteilungen.

Durch die Herausforderungen der Globalisierung und der Digitalisierung hat die Bedeutung internationaler Steuerstandards weiter zugenommen. Diese sollen sicherstellen, dass alle Unternehmen einen fairen Anteil an Steuern zahlen, unabhängig davon, wo sie ansässig sind oder wie sie ihre Geschäfte betreiben. So besteht der Kern der internationalen Steuerkooperation darin, die Steuertransparenz durch umfassenden Informationsaustausch zu erhöhen, um Steuervermeidung zu bekämpfen und den Staaten zu helfen, einen höheren Anteil an Steuereinnahmen zu sichern. Zudem wird die internationale Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung durch multinationale Unternehmen (Base Erosion and Profit Shifting, BEPS) durch zahlreiche Massnahmen begrenzt, welche durch das Inclusive Framework koordiniert werden. Infolge der Zunahme digitalisierter Geschäftsmodelle, die weniger physische Substanz und Präsenz erfordern, beschloss das Inclusive Framework über die Anti-BEPS-Massnahmen hinaus eine globale Reallokation bestimmter Steuerbemessungsgrundlagen vorzunehmen sowie eine globale Mindestbesteuerung in Höhe von 15% sicherzustellen. Liechtenstein und die Schweiz haben im Jahr 2023 beschlossen, ab 2024 eine entsprechende Mindestbesteuerung insbesondere für multinationale Unternehmen einzuführen.

Dessen ungeachtet wächst allerdings die Besorgnis über die Legitimität und den mangelnden Einbezug vieler Staaten in die Initiativen der OECD unter Führung der G20. Mehrere Staaten und regionale Initiativen, wie das Afrikanische Steuerverwaltungsforum (ATAF) und die Plattform für Steuern in Lateinamerika (PTLAC), weisen dementsprechend auf die Notwendigkeit von Reformen des derzeitigen Entscheidungsprozesses hin und äussern grosse Bedenken, dass die gegenwärtige Einführung einer globalen Mindestbesteuerung primär das Steueraufkommen von einkommensstarken Staaten sichert.

Dementsprechend hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen im November 2023 mehrheitlich gegen die meisten Mitgliedstaaten der OECD und der EU sowie auch der Schweiz und Liechtenstein beschlossen, eine Konvention über die Internationale Zusammenarbeit in Steuern zu erarbeiten. Dadurch sollen die Interessen der weniger entwickelten und einkommensschwächeren Staaten stärker in die Entwicklung internationaler, erheblich weniger komplexer Steuerstandards eingebracht und diese berücksichtigt werden. Diese Entwicklung ist nicht nur für die Staaten des globalen Südens, sondern auch für einkommensstarke und hochentwickelte Staaten von allergrösster Bedeutung, da sie einen massgeblichen Einfluss auf die zwischenstaatliche Allokation von Besteuerungsrechten und dementsprechend auch auf die Generierung von Steuereinnahmen, mithin auf das Level Playing Field on Taxation haben wird.