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Die Stabilität des Finanzsystems ist bisher nicht in Gefahr

Der deutsche Ökonom und ehemalige Wirtschaftsweise Peter Bofinger sieht die Finanzbranche in einer gros-sen Phase der Transformation. Anzeichen für eine neue Finanzkrise sieht er nicht.

Herr Bofinger, das diesjährige Finance Forum Liechtenstein widmet sich dem Thema «Eine neue Ära in der Finanzwelt». Wie beurteilen Sie generell die aktuelle Ausgangslage für die Finanzbranche?

Die Finanzbranche befindet sich in einer grossen Phase der Transformation, vor allem durch die Künstliche Intelligenz, die Chancen wie Risiken für diesen Sektor bietet. Neue Impulse kommen zudem durch Kryptowährungen, Stable Coins und darauf basierende Zahlungssysteme. Zudem ist die Europäische Zentralbank mit ihrem Projekt des Digitalen Euro dabei, die traditionelle Arbeitsteilung zwischen Notenbank auf sowie Zahlungsverkehrsdienstleistern und Geschäftsbanken auf der anderen Seite völlig neu zu definieren.

Die Notenbanken weltweit haben die Zinsen nach oben gesetzt, um die Inflation eindämmen zu können. Wie beurteilen Sie die Arbeit der Notenbanken aus Sicht der Finanzmarktstabilität?

Bisher ist es den Notenbanken gelungen, trotz massiver Zinserhöhungen die Stabilität des Systems insgesamt nicht zu gefährden, sieht man von Einzelfällen, wie der Credit Suisse und der Silicon Valley Bank einmal ab.

Experten warnen davor, dass die Gefahr einer neuerlichen Finanzkrise besteht. Wie sehen Sie dies?

Da der Zinshöhepunkt bald überschritten sein wird, bin ich zuversichtlich, dass die Sicherheitsvorkehrungen, die nach der Finanzkrise 2008 eingeführt wurden, ausreichend sind, um eine erneute Krise dieses Ausmasses zu verhindern.

Digitale Währungen könnten dabei helfen, die Stabilität der Finanzmärkte zu verbessern. Sie haben sich kritisch zur geplanten Einführung eines digitalen Euros geäussert. Warum?

Der Digitale Euro erfordert den Aufbau eines parallelen Konten- und Zahlungssystem, das mit hohen Transaktionskosten für die Banken, die Notenbank und damit am Ende für Kreditnehmer und Steuerzahler verbunden ist. Es wäre sehr viel einfacher und damit auch kostengünstiger, die Europäische Zahlungsunion so auszubauen, dass sie die europäische Souveränität im Retail-Zahlungsverkehr sichert.

Wie beurteilen Sie die weitere Wirtschaftsentwicklung?

Die Weltkonjunktur läuft recht stabil, nicht zuletzt aufgrund kräftiger fiskalischer Impulse durch die USA und China. Zudem gehen die Energiepreise zurück, was den privaten Konsum stärkt. Weniger positiv sieht die Entwicklung im Euroraum aus, der vor allem unter der ökonomisch unsinnigen Sparpolitik in Deutschland leidet.

Was raten Sie Anlegern in diesem volatilen Umfeld?

Weniger Europa, mehr globale Investments.