Blog

Fondsbranche: Hervorragende Zahlen und wachsende Herausforderungen

Die liechtensteinische Fondsbranche befindet sich weiter im Höhenflug. 2021 war das beste Jahr in der Geschichte des Fondsplatzes. Mit 110 Single- und Teilfonds (knapp 300 neue Anteilsklassen) gelang das fünfte Jahr in Folge ein neuer Höchstwert bei der Anzahl der Fondsgründungen. Diese Kennzahl ist besonders wichtig, da ein Grossteil davon ausländische Fondspromotoren sind, die Liechtenstein als Standort wählen und somit auch das Vermögen ihrer Kunden hier platzieren. Die Positionierung als Cross-Border-Standort für Private Label Fonds, im speziellen für Alternative Investment Fonds, trägt Früchte. Dies zeigt sich auch bei den Nettomittelzuflüssen von 4,6 Milliarden Franken, die einen neuen Höchstwert markieren. In Verbindung mit der positiven Entwicklung der Finanzmärkte sorgte dies für einen Anstieg des verwalteten Kapitals um über 18 Prozent auf das neue Allzeithoch von 70,4 Milliarden Franken.

Nach dem hervorragenden Jahr 2021 wurde der Erfolgslauf im ersten Quartal 2022 fortgesetzt. Alle Vergleichszahlen des Vorjahres wurden nochmals übertroffen, allen voran die Neugeldveranlagungen. Diese lagen von Januar bis März bei unglaublichen 3,7 Milliarden Franken. Bei all diesen positiven Zahlen darf man nicht ausser Acht lassen, dass auch die Herausforderungen zunehmen. Neben der Wirtschaftslage, der Digitalisierung und dem wachsenden Fachkräftemangel stellt auch die Umstellung der Finanzbranche auf nachhaltige Investments den Fondssektor vor neue Aufgaben.

Nachhaltigkeit

Angetrieben wird die nachhaltige Finanzwirtschaft vor allem durch zwei Faktoren: Die Nachfrage der Investoren und die Regulierung seitens der EU. Europa möchte eine Vorreiterrolle im Kampf gegen die Erderwärmung einnehmen. Dem Finanzsystem soll dabei eine Schlüsselrolle zukommen. Es soll für die Realwirtschaft ein Anreiz, um nicht zu sagen Druck geschaffen werden, auch über die Grenzen Europas hinaus nachhaltiger zu wirtschaften. In Zukunft müssen alle Anlageprodukte, aber auch die Finanzinstitute selbst, über die Auswirkungen ihrer Investitionen auf die Umwelt informieren und berichten. Finanzprodukte werden nach normal, hellgrün und dunkelgrün unterschieden, und Anleger müssen in Zukunft nach ihren Präferenzen in Bezug auf Nachhaltigkeit gefragt werden. Bisher sind es vor allem institutionelle Investoren wie Pensionskassen, die ein besonderes Augenmerk auf nachhaltige Anlagen gelegt haben, teils aufgrund der politischen Entwicklung, teils aufgrund der nationalen Regulierung. Die neuen europäischen Regeln werden aber dazu führen, dass die Nachfrage in Bezug auf nachhaltige Produkte auch im Privatsektor und somit insgesamt weiter steigen wird.

Dass Nachhaltigkeit Einzug hält, ist zu begrüssen – leider läuft die Regulierung auf europäischer Ebene etwas unkoordiniert. Zum einen werden Detailregelungen erst bekannt gegeben, nachdem die Umsetzung der Regulierung bereits erfolgt sein sollte. Zum anderen werden die Unternehmensdaten, die für die Umsetzung im 2022 notwendig sind, erst ab 2024 zur Verfügung stehen. Rechtsunsicherheit ist damit vorprogrammiert, und die Finanzunternehmen, allen voran die Fondsgesellschaften, stehen vor einigen Herausforderungen. Allerdings steht ausser Zweifel, dass die Regulierung ein grosser Schritt in die richtige Richtung ist und für Liechtenstein eine grosse Chance darstellt, sich als Standort für nachhaltige Investments zu positionieren.

Alex Boss
Präsident LAFV Liechtensteinischer Anlagefondsverband