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Greenwashing muss verhindert werden

Nachhaltige Anlagen gewinnen immer stärker an Bedeutung. Vermögensverwalterin Antoinette Hunziker-Ebneter sieht die Finanzindustrie in der Pflicht, den Begriff „nachhaltig“ klarer zu definieren, um Transparenz für den Kunden herzustellen.

 

Interview: Patrick Stahl

Frau Hunziker-Ebneter, Sie zählen in der Schweiz zu den Pionierinnen in Sachen nachhaltiges Anlegen. Was hat Sie dazu bewogen, sich frühzeitig mit diesem Nischenthema zu beschäftigten?

Wer Geld hat, trägt Verantwortung. Mir war es stets ein Anliegen, das Vermögen auf Basis der persönlichen Werte anlegen zu können. Mit 45 Jahren entschied ich mich, Forma Futura aufzubauen und zusammen mit gleichgesinnten Menschen einen Nachhaltigkeitsansatz zu entwickeln, wie dies systematisch umgesetzt werden kann.

Wie sahen Ihre ersten Schritte aus?

In vielen Workshops erarbeiteten wir während über einem Jahr sechs Nachhaltigkeitsebenen und diverse Unterkriterien, anhand welcher wir über 10’000 börsenkotierte Unternehmen prüften. Rund 200 davon erfüllten damals unsere Kriterien. Wir prüften die Diversifikation und kamen zum Schluss, dass wir mit diesen 200 Firmen unsere Portfolios starten konnten.

Was hat sich seither konkret verändert?

In den 15 Jahren hat sich unser Forma-Futura-Ansatz bewährt, was auch die Performance beweist. Mittlerweile hat sich das Universum auf 250 nachhaltige Unternehmen erhöht. Wichtig sind der integrierte Nachhaltigkeitsansatz sowie das Engagement bei den Unternehmen, der direkte Dialog über wichtige Fragestellungen.

Heute behauptet fast jedes Unternehmen von sich, nachhaltig zu agieren. Zu Recht?

Nachhaltigkeit ist kein geschützter Begriff, für den es eine einheitliche Definition gibt. Das Thema Nachhaltigkeit geniesst einen hohen Stellenwert und wird immer mehr zum Standard/Mainstream. Bislang präsentieren Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsleistungen mit unterschiedlichem Tiefgang und unterschiedlicher Glaubwürdigkeit.

Wie lässt sich überhaupt messen, ob die Ziele und Versprechungen eingelöst werden?

Wir sind auf die Informationen der Unternehmen angewiesen, ob über die Fortschritte und Zielerreichung berichtet wird. Oft werden solche Ziele und Versprechungen auch von NGOs überprüft und beurteilt. Die Messbarkeit ist anspruchsvoll – vor allem bei sozialen Aspekten der Nachhaltigkeit.

Anleger interessieren sich immer stärker für Nachhaltigkeit. Trotzdem ist es nicht einfach, in nachhaltige Anlagen zu investieren. Woran sollten sich Anleger orientieren?

Anleger und Investor sollten kritische Fragen stellen dürfen, um herauszufinden, wie konsequent Nachhaltigkeit in den Anlageprozess integriert wird. Kundenberater sollten die Themen so erklären können, dass Kunden verstehen, wohin ihr Geld fliesst. Orientierungshilfe bietet auch der EU-Aktionsplan Sustainable Finance.

Wie sieht es auf der Angebotsseite aus?

Das Angebot von nachhaltigen Anlagen wächst stetig. Ihre Anbieter sollten offen und verständlich darlegen, wie sie Nachhaltigkeit in den Anlageprozess integrieren.

Sind die Finanzinstitute für diesen Gesinnungswandel auf Seiten der Anleger gerüstet?


Ja, in den letzten Jahren erhielt das Thema Schub. Die kommenden Generationen fordern klare Ziele von Finanzinstituten und lassen sich nicht mehr mit schönen Worten besänftigen.

Welche Entwicklungen sehen Sie bei den Finanzinstituten selbst, um nachhaltiger zu werden?

Die Prüfung der Nachhaltigkeit erfolgt heutzutage vermehrt aus einer Risikoperspektive. Zum Beispiel, welches finanzielle Risiko birgt der Biodiversitätsverlust. Dabei sind quantitative und qualitative Kriterien wichtig.

Wo sehen Sie generell Handlungsbedarf, sei dies auf Seiten der Politik, Wirtschaft oder Gesellschaft?

Der Begriff „nachhaltig“ sollte für Anlagen genauer definiert werden, um Greenwashing zu vermeiden. Auch die sozialen und ökologischen Wirkungen von Finanzdienstleistungen und Produkten sollen offengelegt werden. Mittels dieser erhöhten Transparenz können Kunden bewusste Anlageentscheidungen treffen – en connaissance de cause.

Der Finanzplatz Liechtenstein bewegt sich seit geraumer Zeit in Richtung Nachhaltigkeit. Was raten Sie, um sich noch stärker als Standort für Nachhaltigkeit zu positionieren?

Alle Finanzmarktteilnehmer sollten als verantwortungsvolle Akteure ihre Geschäfte transparent und nachvollziehbar machen. Zudem sollten sie ihre negativen Fussabdrücke kontinuierlich reduzieren und wirkungsvolle Beiträge für eine nachhaltige Lebensqualität leisten.