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Neuordnung der internationalen Steuerlandschaft

Die internationale Steuerlandschaft befindet sich in einem rasanten Wandel. Forderungen nach verstärkter Transparenz sowie weltweiten Minimalstandards und -steuern werden immer lauter. Liechtenstein verfügt über ein modernes Steuersystem, reicht dies aber aus?

 

Die Ausgangslage für Liechtenstein ist sehr gut. Bereits per 1. Januar 2011 hat Liechtenstein eine Steuergesetzesänderung in Kraft gesetzt, welche die Basis für ein europakonformes Steuerrecht pro-aktiv adressiert hatte. Es geht jedoch Schlag auf Schlag. Die im Jahr 2013 von der OECD initiierte Base Erosion und Profit Shifting «BEPS» Initiative ist international bereits mehrheitlich umgesetzt. Auch Liechtenstein hat BEPS Anpassungen mit der Steuergesetzrevision 2017 umgesetzt. Der automatische Austausch von Steuerrulings wurde in Liechtenstein gesetzlich geregelt. Country-by-Country Reporting «CBCR» zum Austausch von relevanten steuerlichen Kennzahlen wie Gewinn, bezahlte Steuern, Mitarbeiter, etc. pro Land sind ebenfalls umgesetzt. Die EU hat Konsensus zur öffentlichen Publikation von CBCR Kennzahlen gefunden und auch andere Ländern fordern dies. Die Transparenz und Verfügbarkeit von Steuerdaten ist unaufhaltbar; was mit der Einführung des Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) im Jahr 2014 und dem automatischen Informationsaustauch (AIA) im Jahr 2016 bei Kunden von Finanzdienstleistern begonnen hat, findet nun bei den Steuerdaten der Unternehmen eine Fortsetzung.

Globale Mindeststeuer

Nichts desto trotz konnten die internationalen Steuerstandards nicht mit den Entwicklungen der Geschäftswelt mithalten. Die globale und digitalisierte Wirtschaft kennt keine Grenzen. Auch wenn das Recht, Steuern zu erheben, eines der zentralsten Hoheitsrechte eines Staates ist, wird der Ruf, gleich lange Steuerspiesse für alle, immer lauter. BEPS 2.0 ist in vollem Gange. Dies beinhaltet neben der Digitalbesteuerung «Pillar 1» auch die Festlegung eines internationalen Mindeststeuersatzes «Pillar 2«. Und gerade die Mindeststeuer ist aktuell im Fokus. Die USA ist kürzlich auf den Zug der OECD aufgesprungen und im Juni 2021 haben die G-7 Staaten ebenfalls volle Unterstützung zugesagt. 15 % ist die aktuelle Verhandlungsbasis einer solchen Mindeststeuer. Die aktuellen Gewinnsteuersätze der EU-Länder sind zwischen 9 und 31,5 Prozent, die der Schweiz zwischen 12 und 21 Prozent und Liechtenstein bei 12,5 Prozent. Trotz des vordergründigen strategischen Konsens sind noch zahlreiche politische und technische Punkte auszugestalten. Derzeit scheint es weniger um die Frage «ob» sondern «wie», eine globale Minimalsteuer ausgestaltet sein soll.

Brave New World

Am 18. Mai 2021 hat die EU nachgedoppelt und einen EU Plan für die Unternehmensbesteuerung des 21. Jahrhunderts vorgelegt, welcher neben der Umsetzung von BEPS 2.0, Vereinheitlichungen im Steuerrecht betreffend Transparenz, steuerlicher Substanz (Briefkastenfirmen), Verlustverrechnung und der Gleichstellung von Eigen- und Fremdkapital fordert. Ein Kompromiss zur Angleichung der Steuerbasis der lange als schwierig galt, scheint heute realistisch. Ebenfalls im Frühling 2021 hat die EU die DAC7-Richtline verabschiedet, welche den bisherigen Informationsaustausch auf die Betreiber von sogenannten «digitalen Plattformen» ausweitet. Betroffen davon sind unter anderem Anbieter digitaler Plattformen, welche der Vermietung von unbeweglichen Vermögenswerten, dem elektronischen Warenhandel, dem Anbieten von persönlichen Dienstleistungen oder der Anmietung von Transportmitteln dienen. Demgemäss müssen zukünftig Betreiber von solchen Plattformen regelmässig Informationen offenlegen, inklusive Informationen zu den Teilnehmenden der Plattform und ihrer erwirtschafteten Einkünfte. Das Konsultationsverfahren für eine EUDAC-8-Richtlinie, welche die zukünftigen Meldepflichten für Kryptowährungen und E-Gelder einführen soll, ist ebenfalls im Gange. Zeitgleich hat die EU Ihre Pläne für ein einheitliches Verrechnungssteuer-System in Europa (in Anlehnung an das QI System der USA) präsentiert, mit dem Ziel, grenzüberschreitende Investitionen durch eine vereinfachte Abrechnung der Verrechnungssteuer zu fördern.

Chance und Risiken für Liechtenstein

Die aktuellen Entwicklungen im Steuerbereich werden schneller als erwartet zu einem globalen «level playing field» führen. Der traditionell wichtige Wettbewerbsvorteil eines tiefen Steuersatzes verliert an Bedeutung. Auch Liechtenstein wird wahrscheinlich gezwungen werden, ein Steuerniveau zu definieren, das aus lokaler volkswirtschaftlicher Sicht nicht notwendig ist. Die Chance von Liechtenstein liegt darin, dass das Land und die Unternehmen in der Lage sind, die geforderten Massnahmen zügig, praktikabel und lösungsorientiert umzusetzen. Globale Mindeststeuern fordern Kreativität um alternative Kompensationsmassnahmen einzuführen und andere Abgaben zu entlasten, um so den Finanzstandort in nicht steuerlichen Bereichen weiter zu stärken. Liechtensteins Fokus auf private Familienvermögens- und Investitionsplattformen, wie auch digitale Lösungen und die regulatorische Vorreiterrolle für Blockchain, in Kombination mit der geographischen und regulatorischen Vernetzung via EWR und der Schweiz, gilt es zu nutzen.

Martina Walt
Partner, Leiterin Steuerabteilung, PwC Liechtenstein

Martin Bueeler
Partner, Leiter Financial Services Tax, PwC Schweiz & Liechtenstein