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«Zeitenwende im Wealth Management: Strukturelle Brüche vs. gezielte Transformation»

Einführung

Die geostrategische Zeitenwende, welche kurzfristig vollzogen, sich im Grunde genommen aber bereits seit Längerem angekündigt hat, erfasst nicht nur die Politik, die Wirtschaft und die Gesellschaft im Allgemeinen, sondern auch das damit unmittelbar verbundene Wealth Management im Besonderen. Wie andere Bereiche auch, befindet sich dieses und die verschiedenen damit verbundenen Finanzdienstleistungen seit Jahren in einem umfassenden Transformationsprozess. Dadurch haben sich nicht nur die massgeblichen Rahmenbedingungen und regulatorischen Anforderungen grundlegend geändert, sondern es hat sich die gesamte Branche ebenso grundlegend neu aufgestellt und ausgerichtet. Das gilt in besonderer Weise auch für den Finanzplatz Liechtenstein. Darüber hinaus wird das Wealth Management zunehmend und insbesondere im Rahmen der Zeitenwende mit strukturellen Brüchen konfrontiert und von diesen herausgefordert sein. Hierbei stellt sich die Frage, ob diese strukturellen Brüche als ein Teil der gezielten Transformation verstanden werden können, diese überlagern oder gar im Widerspruch zu dieser stehen.

Hohe Inflation und Zinsanstiege als zentrale Herausforderungen

Nach vielen Jahren mit sehr niedrigen Inflationsraten und Zinsen ist «sehr plötzlich» die Inflation zurückgekehrt und mit ihr die Versuche der Notenbanken, sie über teilweise ebenso «plötzliche» Zinserhöhungen im Zaum zu halten. Es stellt sich die Frage, inwieweit das bei überwiegend importierter Inflation überhaupt möglich und sinnvoll ist? Warum überraschte beispielsweise die SNB einen Grossteil der Experten mit ihrem Vorpreschen bei der Erhöhung des Leitzinses, bevor die EZB Anpassungen vornahm? Die Frage, ob hohe Inflationsraten und steigende Zinsen nur ein kurzfristiges Phänomen darstellen oder uns mittel- und langfristig begleiten werden, ist von hoher Bedeutung für die Ausrichtung der Asset Allocation von Investoren, nicht nur, insbesondere aber auch im Wealth Management.

Bedeutung nachhaltiger Investitionen im aktuellen Marktumfeld

Die andauernden Transformationsprozesse in der Finanzwelt treffen auf abrupte strukturelle Veränderungen, getrieben durch hohe Inflation bei geopolitischer Unsicherheit. Es stellt sich die Frage, welche Rolle Nachhaltigkeitskriterien bei der Investmentselektion in diesen besonderen Zeiten spielen? Aktuelle Forschungsergebnisse aus dem Bereich «Sustainable Finance» deuten jedenfalls darauf hin, dass nachhaltige Investitionen gerade in einem volatilen Marktumfeld sinnvoll sein können. Dementsprechend stellen sich insbesondere auch Fragen nach validen Kriterien zur Nachhaltigkeitsbewertung von Unternehmen. Insofern müssen aktuelle Regulierungsmassnahmen auf diesem Gebiet, wie beispielsweise die EU-Taxonomie-Verordnung kritisch diskutiert und hinterfragt werden.

Stresstest für Krypto und Blockchain

Blockchain und andere Technologien haben die Finanzmärkte in den letzten Jahren grundlegend verändert und eine Basis für viele alternative Instrumente geschaffen. Die erzielbaren Renditen und Effizienzgewinne waren oft herausragend und unterstrichen die versprochenen grossen Potentiale. Zuletzt hat sich aber gezeigt, dass sich auch Krypto & Co. nicht mehr länger oder gar komplett von der restlichen Finanzwelt abkapseln können. Es ist daher nun an der Zeit, zu beweisen, dass es sich hierbei nicht nur um «Schönwetter-Ansätze» handelt, sondern dass diese auch in schwierigen Zeiten «gut funktionieren». Nicht alle Ansätze und Instrumente werden diesen Test bestehen.

Globale Steuerrechtsordnung und europäische Implementierungsversuche

Zur Sicherstellung einer angemessenen Besteuerung grösster, insbesondere digitaler Unternehmen auch in den jeweiligen Marktstaaten und zur Begrenzung des globalen Steuerwettbewerbs durch die Einführung einer globalen Mindestbesteuerung haben die G20 und die OECD eine neue internationale Steuerrechtsarchitektur als Zwei-Säulen-Konzept entwickelt. Dessen umstrittene Implementierungsversuche innerhalb der EU und auch des EWR werfen insoweit allerdings Fragen auf, welche wenig mit diesem Transformationsprozess, aber sehr viel mit strukturellen Grundprinzipien zu tun haben und am Ende gerade kein globales «level playing field» sicherstellen.

Vermögens- und Nachfolgeplanung

Unsichere geopolitische Zeiten wirken sich insbesondere auch auf die Vermögens- und Nachfolgeplanung aus. Es stellt sich die Frage, wie Vermögen langfristig erhalten werden kann. Die liechtensteinische Stiftung bietet hierfür einen geeigneten Rahmen im Herzen Europas. Neben einer mehrdimensionalen Foundation Governance und hoher Expertise punktet der Stiftungsstandort mit einem stabilen (steuer-)politischen und rechtlichen Umfeld. Fraglich bleibt jedoch, wie «mobil» eine in der EU errichtete Stiftung ist und unter welchen rechtlichen Gesichtspunkten ein Zuzug nach Liechtenstein möglich sein kann.

Assistenzprofessorin Alexandra Butterstein und Professor Martin Wenz
Universität Liechtenstein